Schau mir in die Augen

Wie ihr sicherlich alle längst mitbekommen habt,
hat’s bei mir und den Frauen bisher echt nicht so geklappt.
Doch neulich ist mir dann was Unglaubliches passiert!
Ich erzähle euch die Story, nur heute, nur hier.

Es war ein wundervoller Tag und ich allein im Café,
Als ich da am Nebentisch dieses Wesen sitzen seh‘.
Die reinste Offenbarung, eine Epiphanie,
Ich hatt‘ ja keine Ahnung, dass es sowas noch gibt.

Sie ist so schön und hip, und elegant,
Es fühlt sich so an, als wär’n wir seelenverwandt.
(Irgendwer müsste was sagen) wahrscheinlich ich.
Mein Herz schlägt so laut, wieso sieht sie mich nicht?

Stattdessen sitzt sie da, den Blick leicht gesenkt,
Während sie mit ihren Händen immer nur am Handy hängt.
Anscheinend scheine ich nur aus Luft zu bestehen,
Verdammt, ich habe ein Problem:

Schau mir in die Augen.
Ich kann es echt kaum glauben.
Denn du bist so schön, so schön, ey yeah,
Bitte schau mir in die Augen.
Es ist wie in einem Traum, ja
Denn du bist so schön, so schön.

Ich sitz' hier, sie sitzt da, ich poussier, sie bleibt starr.
Ich blamier mich total, doch das ist ihr egal.
Sag was man, doch mir fällt kein Thema ein:
„Entschuldigung, weißt du wie das WLAN-Passwort heißt?“

Sie schaut kurz auf und für einen Augenblick,
sehe ich in ihre Augen und mein Herz spielt verrückt.
Sie lacht und sagt dann mit sanfter Stimme:
„Hi, das ist ganz einfach, das WLAN hier ist frei!“

Das war so peinlich und weg jeder Funke,
am liebsten wäre ich direkt im Erdboden versunken.
Doch smart wie sie ist, ist sie aufs Phone konzentriert,
sie tippt und swipt und sagt dann zu mir:

„Ich muss jetzt los, du kommst ja klar, ne?
Hat mich echt gefreut, dich kennengelernt zu haben.
“Leise nuschel‘ ich, ob wir noch Nummern tauschen,
doch da ist sie schon aus dem Laden raus, mhm!

Schau mir in die Augen...

Ziemlich geknickt, gehe ich zur Türe hinaus
und stelle fest, in diesem Viertel kenn‘ ich mich gar nicht aus.
Gottseidank gibt es ja für alles eine App,
deshalb zücke ich mein Handy und starte Google Maps.

Ich bin ziemlich fasziniert, wie gut das mittlerweile geht.
Auf ‘nen Meter genau zeigt die App mir den Weg.
Nur, dass die Ampel rot ist, zeigt sie leider nicht.
Ich hör‘ noch Bremsen quietschen und sehe helles Licht.

Ist das der Himmel, von dem immer alle reden?
Gibt es nach dem Tod also wirklich noch ein Leben.
„Nein Mann, das ist ein Krankenhaus.“
Wow, und warum ist da schon wieder diese Frau?

Sie ist tatsächlich Ärztin und wie sich zeigt,
hab‘ ich endlich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
(Und ein gebrochenes Bein!) Naja, trotzdem: Danke!
Sie checkt meine Pupillen mit tiefem Blick und einer Lampe:

Sie schaut mir in die Augen,
Ich kann mein Glück kaum glauben...

Und die Moral von der Geschichte, das hab ich jetzt gerafft,
ist ganz einfach: Smartphones sind echt ‘ne top Errungenschaft.
Doch weil Liebe im Netz, echte Liebe nicht ersetzt,
leg das Ding doch einfach weg und leb im Hier und Jetzt.
Blicke können töten und Blicke können lieben:
"Spread the love!", "Love is all you need!"
Denn Liebe und Schönheit gibt es überall,
Face to face, eye to eye, es kann so einfach sein.